
Wenn das Außen stabil scheint und das Innere zerbricht
Es gibt Momente im Leben, in denen wir zurückschauen und erkennen, wie sehr uns äußere Strukturen getragen haben, während wir innerlich längst zerbrachen. Für mich war die Arbeit über viele Jahre dieser Halt. Sie gab mir Sicherheit, als in meinem Inneren alles ins Wanken geriet. Doch irgendwann zerbrach auch dieser Halt – und damit begann ein langer Weg zwischen Funktionieren, Zusammenbruch und der Suche nach einer anderen Art zu leben.
In diesem Update meines inneren Zustands möchte ich Dich mitnehmen: in meine Geschichte zwischen Anpassung und Überforderung, Klinikaufenthalten und Selbstversuchen, Hochsensibilität und der Sehnsucht nach einem Leben im eigenen Rhythmus. Vielleicht erkennst Du Dich in manchen meiner Erfahrungen wieder – vielleicht aber berühren Dich einfach die Erkenntnisse, die daraus gewachsen sind.
Ein Leben zwischen Funktionieren und Zusammenbruch
Wenn ich auf meinen Weg zurückblicke, sehe ich zwei Welten: die äußere Welt, in der ich viele Jahre funktioniert habe und meine innere Welt, die immer wieder in Krisen zusammenbrach.
Mit 16 begann ich meine Ausbildung zur Bankkauffrau. Über 21 Jahre blieb ich in diesem Beruf, auch während mein privates Leben von Essstörung, Beziehungsproblemen und seelischem Schmerz erschüttert war. Die Arbeit war mein Anker. Ich habe viel und gerne gearbeitet, denn dort fühlte ich mich sicher.
Doch irgendwann reichte auch dieser Halt nicht mehr aus.
Immer wieder neue Versuche – und immer wieder das gleiche Ende
Schon mit Mitte 20 suchte ich Hilfe. Verhaltenstherapie, Psychoanalyse, Gespräche mit Psychiatern, verschiedene Medikamente – nichts davon stabilisierte mich dauerhaft. Im Gegenteil: manches verstärkte sogar meine Unsicherheit.
2013 folgte dann der totale Zusammenbruch. Erst eine psychiatrische, dann eine psychosomatische Klinik haben mir das Leben gerettet. Doch nach dieser Zeit war nichts mehr wie zuvor. Jeder Versuch, in die Bank zurückzukehren, endete nach wenigen Wochen: Panikattacken, Angstzustände, völlige Überforderung.
Auch ein Umzug half nur für kurze Zeit. Immer wieder versuchte ich neue Wege: Bewerbungen, Ausbildungen, erneute Anstellungen. Dreimal startete ich in Banken neu – dreimal brach meine Seele ab. Später hörte ich von einem Psychiater den Satz, ich sei „austherapiert“. Wieder Medikamente – bis ein allergischer Schock mich endgültig Abstand nehmen ließ.
Es war, als hätte meine innere Welt klar entschieden: Nicht hier. Nicht so.

Mein eigener Heilungsweg
2017 traf ich die Entscheidung, meinen eigenen Weg zu gehen – ohne Therapie, ohne Medikamente. Ich begann, das auszuprobieren, was mir guttat: Yoga, Meditation, Atemübungen, Achtsamkeit. Und ich begann zu schreiben.
Zuerst nur für mich, dann in meinem Blog. Das Schreiben wurde zu meiner eigenen Therapie. Worte halfen mir, wieder zu mir zu finden.
Mit der Zeit wuchs der Wunsch, andere zu begleiten. Ich machte eine Coaching-Ausbildung, bot Gespräche an, erlebte tiefe Begegnungen. Doch gleichzeitig merkte ich: Ich konnte mich kaum abgrenzen. Die Geschichten meiner Klienten hallten in mir nach, als wären es meine eigenen. Nach jedem Coaching brauchte ich Tage, um wieder zu mir zurückzukehren.
Auch in anderen Tätigkeiten zeigte sich das Gleiche: Potenzialanalysen mit der Handwerkskammer, Zusammenarbeit mit meinem Mann, eine Business-Coach-Ausbildung – überall stieß ich an Grenzen. Meine Seele machte mir deutlich: In den Strukturen der äußeren Arbeitswelt finde ich keinen Platz.

Wenn die Welt zu laut und zu schnell ist – und wie Du Deinen eigenen Weg findest
Vielleicht kennst Du das auch: Die Welt um uns herum ist oft zu viel. Zu laut. Zu schnell. Zu voll. Ob im Straßenverkehr, im Supermarkt oder im Büro – überall prasseln Eindrücke, Geräusche und Erwartungen auf uns ein. Für viele Menschen mag das normal sein, doch wenn Du feinfühlig bist, kann es Dich zutiefst erschöpfen.
Heute kann ich meine Muster klarer benennen und vielleicht erkennst Du Dich in einigen davon wieder:
Hochsensibilität und Abgrenzung
Ich nehme die Emotionen und Energien anderer Menschen so stark wahr, dass sie in mir nachhallen – manchmal Stunden, manchmal Tage. Ein einziger Blick, ein unausgesprochener Gedanke, eine gespürte Stimmung: all das lebt in mir weiter, als wäre es Teil meiner eigenen Geschichte.
Diese Feinfühligkeit ist ein großes Geschenk. Sie schenkt mir Verbindung, Empathie und ein tiefes Verstehen, das über Worte hinausgeht. Doch ohne innere Grenzen wird sie zur Last. Denn je mehr ich aufnehme, desto mehr verliere ich den Kontakt zu mir selbst.
Darum brauche ich immer wieder Rückzug – oft schon nach kurzer Zeit. Schon wenige Stunden mit Menschen kosten mich so viel Energie, dass ein ganzer Arbeitstag für mich nicht mehr machbar ist. Erst in der Stille kann ich wieder auftanken: in der Natur, im Rauschen der Bäume, unter dem offenen Himmel. Dort finde ich zurück zu mir, zu meiner eigenen Schwingung, zu meinem Atem.
So sehr ich Menschen liebe und Tiefe in Begegnungen schätze, so sehr brauche ich auch das Alleinsein, um in Balance zu bleiben. Nur wenn ich diesen Rhythmus ernst nehme, kann meine Sensibilität ein Geschenk sein, statt zu einer Last zu werden.
Verlust der Erdung
Yoga, Meditation und Achtsamkeit schenken mir morgens Halt. Sie sind wie ein leiser Anker, der mich in meiner Mitte sammelt, bevor der Tag beginnt. Doch ich habe erkannt: Schon kurze Zeit später kann dieser Halt ins Wanken geraten.
Vor allem im Auto, in Verkehrsmitteln, in geschlossenen Räumen mit künstlichem Licht oder wenn ich lange am PC sitze, verliere ich meine Erdung sehr schnell. Es ist, als würde mein Körper in diesen Situationen nicht bei mir bleiben können. Die Geräusche, die Bewegungen, die künstliche Umgebung reißen mich aus meiner inneren Ruhe heraus und plötzlich ist der Boden unter meinen Füßen wie verschwunden.
Auch der Gang in die Stadt, mit all ihren Eindrücken und Lautstärken, überfordert mein System sofort. Dann spüre ich, wie mein Körper sich anspannt, mein Atem flacher wird und ich mich innerlich von mir entferne.
Darum brauche ich immer wieder Auszeiten, in denen ich bewusst zurückkehre: in die Natur, auf die Yogamatte, in die Stille. Erst dort finde ich meinen Atem wieder, meinen Rhythmus, meine eigene Energie. Diese Momente der Erdung sind kein Luxus – sie sind meine Lebensnotwendigkeit.
Reizüberflutung
Geräusche und Stimmungen setzen meinen Körper sofort unter Stress. Schon kleine Reize reichen aus, um mein Nervensystem in Alarmbereitschaft zu versetzen.
Bei uns zuhause ist es fast immer still. Keine permanente Hintergrundmusik, kein ständiges Stimmengewirr, nur die leisen Geräusche des Alltags. Diese Stille trägt mich. Sie ist wie ein Schutzraum, in dem mein System zur Ruhe kommen darf.
Umso deutlicher spüre ich den Unterschied, wenn ich hinausgehe. Im Supermarkt, beim Friseur, in Cafés oder Geschäften läuft heute fast überall laute Musik. Gespräche, Stimmen, technische Geräusche – alles überlagert sich, alles will gleichzeitig an mein Ohr. Was für andere beiläufige Kulisse ist, trifft mich wie ein ständiger Strom von Impulsen.
Mein Körper reagiert sofort: Anspannung, innere Unruhe, der Drang, mich zu schützen oder zu fliehen. Es ist, als stünde ich dauerhaft unter Strom, auch wenn objektiv nichts Bedrohliches geschieht. Für mein Nervensystem aber fühlt es sich so an, als müsse ich mich verteidigen und das erschöpft zutiefst.
Darum brauche ich bewusste Momente des Rückzugs, in denen ich all diese Reize loslassen kann. Das Schweigen der Natur, das Zwitschern eines einzelnen Vogels, das Rauschen des Windes – diese leisen Klänge heilen, was die laute Welt in mir aufwühlt.
Der eigene Rhythmus
Mein Leben folgt keinem 08/15-Takt. Aufgaben, die andere mühelos nebenbei erledigen, kosten mich oft viel Zeit und Kraft. Verwaltung, Haushalt, selbst kleine Pflichten können sich anfühlen, als bräuchten sie einen ganzen Tag. Meine Energie bewegt sich in Wellen - manchmal schaffe ich viel, manchmal fast nichts.
Kreative Arbeit erfüllt mich zutiefst. Schreiben, Podcasten, Gestalten – doch all das entsteht bei mir nicht aus einem festen Plan, sondern aus dem Fluss des Moments. Es braucht Raum, Tiefe und Pausen. Inspiration lässt sich nicht erzwingen, sie will eingeladen werden. Wenn ich versuche, in das Tempo der Gesellschaft einzusteigen, verliere ich diese Kraft.
Schon als Kind habe ich gespürt, dass mein Rhythmus anders ist. Die Schule kostete mich so viel Energie, dass außerhalb davon kaum Platz für soziale Kontakte blieb. Ich zog mich zurück – in die Natur, ins Schreiben, ins Alleinsein. Dort konnte ich mich wieder spüren, dort fand ich das, was wirklich meine eigene Energie ist.
Und auch heute brauche ich viel Zeit für mich. Diese Phasen sind Teil meines Lebensrhythmus. Sie geben mir Halt, füllen mich auf und schenken mir die innere Stabilität, die ich in der lauten, schnellen Welt so leicht verliere.
Stabilität im Rückzug – und das große Dilemma
Stabilität finde ich heute in meinem Rückzug: in Meditation und kleinen Routinen, in meiner kreativen Arbeit, in der Liebe meiner Partnerschaft und auch in meinem Zuhause, das mir Sicherheit gibt, und in der Nähe meiner Tiere, die mir Geborgenheit schenken. In diesem Raum geht es mir gut, dort kann ich sein, wie ich bin.
Doch sobald ich versuche, in das geforderte Tempo der Gesellschaft hineinzupassen, verliere ich diesen Halt wieder. Es ist, als ob mein inneres Fundament im Lärm, im Druck und in der Geschwindigkeit der Außenwelt ins Wanken gerät.
Und so stehe ich in einem Spannungsfeld: Die äußere Arbeitswelt überfordert mich und macht mich krank. Das, was mich innerlich erfüllt, braucht dagegen Ruhe, Tiefe und meinen eigenen Rhythmus – und genau darin liegt die Herausforderung.

Reflexionsfragen für Dich
Vielleicht möchtest Du diesen Moment nutzen, um auch einmal auf Dein eigenes Leben zu schauen. Diese Fragen können Dir dabei helfen, Dich selbst liebevoll zu spüren und Deinen eigenen Weg klarer zu erkennen:
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In welchen Momenten spüre ich, dass mein Tempo oder mein Rhythmus nicht mit dem der Außenwelt übereinstimmt?
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Was gibt mir in meinem Alltag Halt und Sicherheit – und wie kann ich mir mehr davon schenken?
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Wann taucht in mir Scham auf, und wie gehe ich mit diesem Gefühl um?
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Wo wünsche ich mir mehr Mitgefühl mit mir selbst, statt mich unter Druck zu setzen?
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Welche kleinen Schritte könnten mir helfen, im Vertrauen zu bleiben, auch wenn mein Weg unklar erscheint?
Hoffnungsvoll weitergehen
Vielleicht spürst auch Du manchmal, dass diese Welt zu laut, zu schnell, zu grell ist und dass Dein Körper oder Deine Seele das Tempo nicht mehr mittragen können. Wenn es so ist, dann bist Du nicht falsch. Es bedeutet nur, dass Du feiner wahrnimmst, dass Dein Inneres Dir Grenzen zeigt.
Manchmal finden wir kleine Wege, die uns wieder Kraft schenken: Momente der Stille, ein Spaziergang in der Natur, eine Tätigkeit, die uns erfüllt. Und manchmal reicht das nicht aus. Dann braucht es das ehrliche Eingeständnis, es nicht alleine zu schaffen. Sich zu erlauben, dass Unterstützung nötig ist, ist kein Versagen, sondern ein mutiger Akt der Selbstliebe.
Es geht nicht darum, alles sofort zu lösen oder zu wissen, wohin der Weg führt. Es reicht, liebevoll und ehrlich mit sich selbst zu sein.
Nun wünsche ich Dir noch einen wunderschönen Tag, Abend oder eine gute Nacht, je nachdem in welcher Zeit Du auch immer Dich gerade befindest.
Die Liebe in mir, grüßt die Liebe in Dir.
Deine Andrea 💛
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