· 

Was tun, wenn der Lieblingsmensch leidet?

Ein Mensch in Deinem Umfeld ist magersüchtig, emotional instabil oder hat Depressionen und Du leidest mit ihm und möchtest unbedingt helfen? Dann könnte dieser Artikel interessant für Dich sein.

Was tun, wenn der Lieblingsmensch leidet?

Angehörige von Betroffenen fühlen sich oft hilflos, machtlos und leiden mit dem Menschen, den sie lieben, mit. Sie möchten so gerne helfen und würden alles dafür tun, dass es ihm besser geht.

  

Dieser Artikel richtet sich an die Angehörigen von Betroffenen, weil es tatsächlich die Angehörigen sind, von denen ich die meisten Nachrichten bekomme. In den Emails lese ich fast immer die selben Fragen: Was kann ich tun? Wie soll ich mich verhalten? Wie kann ich helfen?

 

Ich verstehe sehr gut, was Du momentan fühlst, und dass Du dem oder der Betroffenen unbedingt helfen möchtest. Ich war tatsächlich selbst einmal in der Lage. 

 

Meine ältere Schwester litt schon im Alter von etwa 13 Jahren an Depressionen. Ich war etwa 12Jahre alt. Sie lag die meiste Zeit im Bett und hörte Musik. Ich weiß noch, dass ich damals alles versucht habe, um sie dazu zu bewegen, dass Bett zu verlassen und mit mir raus zu gehen. Doch ich hatte keine Chance. Ich bin immer wieder auf sie zu gegangen, habe ihr Bilder gemalt und Karten geschrieben und in ihr Zimmer gebracht. Ich wollte sie unbedingt dazu motivieren mit mir zu spielen und fühlte mich so machtlos und hilflos. Auch heute hat sie noch Depressionen. Seit etwas fünf Jahren nimmt sie Antidepressiva. Ich selbst habe die Depressionen überwunden, schreibe einen Blog, indem ich alle Tools teile, die mir geholfen haben. Aber meiner eigenen Schwester kann ich nicht helfen.

 

Klar wäre es schön, Dir einfach zu sagen: mach dies und das und dann holen wir Deine Freundin, Deinen Mann, Dein Kind oder wen auch immer es betrifft, zurück ins Leben. Hauptsache alles ist wieder gut. So habe ich es mir früher auch immer gewünscht, aber so funktioniert das Leben leider nicht. 

 

Du kannst Deinen Lieblingsmenschen weder retten noch beschützen. Wenn Du das weiterhin versuchst, verlierst Du damit nur selbst Deine Kraft und hilfst keinen von euch beiden. Niemand kann einen anderen Menschen helfen, wenn dieser es nicht selbst möchte. 

 

Wenn ein Mensch keine Hilfe möchte, dann handelst Du nicht verantwortungslos, wenn Du ihm nicht hilft. Ganz im Gegenteil. Es ist sogar unverantwortlich einem anderen Menschen eine Hilfe aufzudrängen, die er gar nicht möchte. Niemand hat das Recht einen anderen Menschen seine Hilfe aufzuzwingen. So funktioniert Heilung leider nicht. Heilung beginnt erst, wenn der Betroffene selbst aufwacht und erkennt, dass er selbst für sich und sein Leben verantwortlich ist und wenn er sich ganz klar dafür entscheidet sich zu verändern und zu heilen.

  

Gerade bei psychischen Krankheiten, geht es ganz viel um Selbstverantwortung.

  

Vielleicht ist dieser Mensch einfach noch nicht so weit. Vielleicht braucht er noch viel Drama in seinem Leben, damit er irgendwann erkennt, dass er das nicht mehr möchte. Vielleicht weiß er gar nicht, was er eigentlich will in seinem Leben. Vielleicht hat er (unbewusst) sogar einen Vorteil von der Krankheit. Lebensfroh, in Liebe und Frieden zu leben ist eine Entscheidung, die einen keiner abnehmen kann.

 

Lass Deinem lieben Menschen den Raum für seine eigene Entwicklung. Du hilft ihm nicht, wenn Du versuchst ihn zu retten. Du hältst ihn damit auf. Denn, wenn wir jemanden an unserer Seite haben, der egal was wir tun, trotzdem immer für uns da ist, müssen wir uns nicht wirklich anstrengen, müssen wir nicht an uns arbeiten und uns auch nicht verändern.

 

Stelle Dir lieber einmal die Frage, warum Du Dich mehr um andere Menschen kümmern möchtest, als um Dich selbst. Meistens wollen wir, wenn wir einem anderen Menschen helfen, auch unseren Anteil an Liebe und Zuneigung abbekommen. Dein Gegenüber spiegelt Dir auch immer etwas von Deinem Innenleben. 

 

Wenn Du zum Beispiel in einer Beziehung zu einem Menschen mit einer Borderline-Störung lebst, hat das ganz viel mit Dir selbst zu tun.

 

Du hast nicht ohne Grund einen Menschen mit einer Borderline-Störung kennengelernt. Denke nicht darüber nach, wie Du ihm helfen kannst, sondern frage Dich einmal, warum das so ist. Die Symptome Deines Partners haben auch immer etwas mit Dir zu tun. Was kannst Du lernen, wenn Du einmal den Standpunkt einnimmst, dass sein Verhalten Dein Innenleben widerspiegelt? Vielleicht hast Du Verlustangst? Vielleicht hast Du Angst vor zu viel Nähe? 

 

Du kannst keinen Menschen verändern. Dass muss er selbst tun. Du kannst ihm Liebe geben – natürlich. Liebe ohne Bedingungen und ohne Erwartungen. Sei aber dann nicht enttäuscht, wenn er sich nicht so verhält, wie Du es Dir wünschst. Du kannst für ihn da sein, doch Deine eigenen Grenzen solltest Du auch überprüfen und ganz klar setzen. Was möchtest Du Dir selbst zumuten? Was bist Du Dir selbst wert? Dich selbst aufzugeben für einen anderen Menschen, bringt Dir keine Liebe ins Leben. Es nimmt Dir Dein Selbstvertrauen und Dein Selbstwertgefühl.

 

Jeder Mensch kämpft seinen eigenen Kampf und den hört er nur auf zu kämpfen, wenn er versteht, dass das Drama in ihm selbst abläuft und nur etwas verändern werden kann, wenn er selbst die Verantwortung dafür übernimmt. Auch wenn man krank ist, hat man doch immer noch einen freien Willen. Ich weiß, da gehört sehr viel Disziplin und Willensstärke dazu. Doch die Arbeit an ihm selbst, kannst Du ihm nicht abnehmen. 

 

Glaubst Du, es hilft ihm, wenn Du immer wieder einlenkst und Deine eigenen Bedürfnisse zurücksteckst? Was möchtest Du wirklich in Deiner Beziehung erleben? Weißt Du, was mir geholfen hat, damit ich mich endlich auf den Weg gemacht habe, mich selbst zu heilen? Erst als sich mein damaliger Partner konsequent von mir zurückgezogen hat und ich wirklich alleine war, habe ich erkannt, dass nur ich alleine für meinen Zustand verantwortlich bin. Borderline ist keine Krankheit, die in einen eingepflanzt wird. Borderline entwickelt sich durch die eigene Einstellung, die eigenen Gedanken, Gefühle und Handlungen. Das alles können wir verändern. Aber eben nur wir selbst. Das kann keiner für uns tun.

 

Richte Deinen Fokus auf Dich selbst und kümmere Dich um Dich selbst. Versuche Deinem Lieblingsmenschen zu vermitteln, dass Du für ihn da bist, aber ihn gleichzeitig auch loszulassen. Ich weiß, dass ist verdammt schwer, aber Du lässt ihn damit nicht im Stich. Finde erst einmal Ruhe und Frieden in Dir. 

 

Nun wünsche ich Dir noch einen wunderschönen Tag, Abend oder eine gute Nacht, je nachdem in welcher Zeit Du auch immer Dich gerade befindest.

Die Liebe in mir, grüßt die Liebe in Dir!

Deine Andrea

Das könnte Dich auch interessieren

 

Artikel: Wege zur Selbstliebe

Artikel: Achtsamkeit

Artikel: Das Bewusstsein

Artikel: Vater-Mutter-Kind

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Silke (Freitag, 03 Mai 2019 17:56)

    ich bin so dankbar deinen block gefunden zu haben, danke für deinen Input und heilende Energie...
    mit liebe gegrüsst �

  • #2

    Andrea Hein (Freitag, 03 Mai 2019 19:43)

    Liebe Silke,
    vielen Dank für Deine lieben Worte! Darüber freue ich mich sehr. Ich wünsche Dir ganz viel Kraft, Zuversicht und alles Liebe auf Deinem Weg.
    Herzliche Grüße
    Andrea